Essay zum Thema:
Entwicklung des Bildungsromans in der
Weimarer Klassik
Die Form eines Bildungsromans wird zum ersten Mal seitens
Friedrich von Blanckenburgs in seinem Werk
Versuch über den Roman aus dem Jahr
1774 dargestellt. Ohne dass er wusste, dass er über einem Bildungsroman,
welcher später sehr beliebt sein wird, schreibt, versuchte er alle seine
Charakteristiken, die ihn einzigartig machen, aufzuzählen.[1]
Im Mittelpunkt wird meistenteils ein junger Mensch dargestellt, der zu einem
Ideal des gebildeten Menschen strebt. Beim Scheitern dieses Helden meldeten
sich in früheren Entwicklungsjahren von dieser Romanform auch die ersten Kritiker
zu Wort, die manche Bildungsromane als Anti-Bildungsromane, wegen ihrem negativ
dargestellten Bild der Bildung, beschrieben. Von seiner Erfindung (Aufklärung)
und bis zu seinem Höhepunkt (viele sagen, dass er mit Goethes letzten Werke
erreicht wurde), veränderte sich der Bildungsroman sowohl inhaltlich als auch thematisch.
Zu dieser Zeit (Zeit der Schöpfung
Blanckenburgs ) existierte noch kein Roman solcher Art. Daraus lässt sich
erkennen, dass Blanckenburg über einem Idealtyp des Romans schrieb. Diese
Romanart ist zur Zeit der Aufklärung entstanden. Die Werke aus dieser
Literaturepoche sind durch Bildung, Erziehung, seelische Erhebung usw.
gekennzeichnet, so dass es sehr leicht zu erkennen ist, was für eine
Thematik ein, in der Aufklärung entstehender
Romantyp enthält. Es entwickelte sich mit der Zeit und erlebte seinen Höhepunkt
mit einem der letzten Werke Goethes, bzw. Wilhelm
Meisters Lehrjahre.
Die schon erwähnten
Leitmotive der Aufklärung lassen sich auch in einem Bildungsroman finden. Sie
werden durch einen Haupthelden des Romans repräsentiert. Dieser Held befindet
sich immer im Mittelpunkt der Handlung und als solcher ist er mit fast allen
Geschehnissen sowohl direkt als auch indirekt verbunden. Er bemüht sich
ständig, seinen Platz unter dem Himmel zu finden, obwohl ihm Schicksal einen
schwierigen Weg vorbestimmt hat. Am Anfang
hatten diese Helden ein bestimmtes Ziel: sich zu erheben im Sinne der Vernunft.
Anders gesagt, sie sollten ihre Hinsichten im Bezug des Erkenntnisses erstrecken. Dieses Thema ist eng mit der
aufklärerischen Philosophie verbunden. Mit der Zeit veränderten sich auch die
Grundmotive eines Bildungsromans. Diese Motive bekamen in der Weimarer Klassik
eine neue universale Form, wo ein Held zu einem idealen, perfekten Wesen
strebt. Solch ein Held wird von vielen Schwierigkeiten begleitet und ob er seine
Ziele erreicht oder nicht, hängt das nur von der Stärke seiner Motivation ab.
Als perfektes Beispiel
für diese Romanform dient ein von Goethe geschriebener Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre. Viele
Literaturkritiker sind der Meinung, dass gerade dieser Roman alle
Charakteristiken und Motive eines Bildungsromans in sich enthält. Goethe hat am
Anfang des Romans seinen Helden, Wilhelm Meister, als eine völlig verlorene
Person dargestellt. Durch Bildung hat er geschafft (mehr indirekt als direkt),
sich als Individuum zu entwickeln und seinen Betrag zur
Gesellschaft geben. Damit wird auch der Zweck der Autoren der Weimarer
Klassik klar geäußert.
Sie wollten mit ihren Bildungsromanen zeigen, was für eine Rolle im Leben eines
Menschen spielt die Bildung. Sie soll zwischen Menschen und ihren Idealen vermitteln.
Wenn ein Mensch gebildet ist, dann wird er gleichzeitig zu einem nützlichen und
produktiven Teil der Gesellschaft. Diese Bildungsmethode wurde meistenteils als
die Bildung durch die Kunst eingerichtet, also die Orientierung eines
bürgerlichen Hauptheldes an die Kunst, damit er seine idealisierte Ziele
erreicht. Im Inneren dieses Helden entwickelt sich eine Spannung zwischen dem,
was er schon besitzt und dem, was er besitzen möchte. Er strebt dann danach und
sieht es als etwas Ideales. So wird der Wunsch dieses Menschen immer größer,
das Ideale zu erreichen und selbst zu einem Ideal werden. Manchmal wird dieser
Wunsch so groß, dass er den Menschen zerstört.Obwohl er davon bewusst ist, dass
er immer tiefer versenkt, bleibt er seinen Zielen treu, obwohl das sein Ende
bedeutet.
Ein Beispiel dafür lässt
sich im Roman Anton Reiser von Karl
Philipp Moritz finden. Anton ist ein Junge, der aus einer armen Familie
stammt und seine einzige Rettung sieht er
im Ausgang aus solcher Gesellschaft. Um das zu verwirklichen, widmet er
sich zum Theater und seine ganze Energie richtet er darauf hin. Das Theater und
die Werke Shakespears, die von Wieland übersetzt wurden, waren für ihn eine Scheinwelt,
deren Teil er sein möchte.
,, Als Tier wünschte er fortzuleben; als
Mensch war ihm jeder Augenblick der Fortdauer seines Daseins unerträglich
gewesen. Allein wie er schon so oft aus seiner wirklichen Welt in die
Bücherwelt gerettet hatte, wenn er aufs Äuserste kam, so fügte er sich auch
diesmal, dass er sich gerade vom Bücherantiquarius die Wielandsche Übersetzug
vom Shakespeare liehe-und welch eine neue Welt eröffnete sich auf einmal wieder
für seine Denk- und Empfindungskraft.''[2]
Das Theater-Thema war
sehr beliebt bei den Autoren der Bildungsromane. Die
gleiche Handlung befindet sich auch im Wilhelm
Meisters Lehrjahre von Goethe. Beide Figuren, sowohl Anton als auch Wilhelm
stammen aus einer armen bürgerlichen Familie und sehen ihren Retter im Theater.
Obwohl mehr Dilettanten als gute Schauspieler,
verzichten sie trotzdem ihren Idealen nicht.
Eine gute Erklärung dafür gab Rolf Selbmann in seinem
Werk Der deutsche Bildungsroman:
,,Das
gerade Wilhelm und Anton-beide stammen aus kleinbürgerlichen Verhältnissen-
diesen Weg gehen wollen, spiegelt die gesellschaftlichen Repressionen des 18.
Jahrhunderts, denen gerade die unteren Schichten am stärksten ausgesetzt waren.
Die Wendung zum Theater als Selbstdarstellung im Ästhetische gilt dann als
individueller Ausweg und dient zur Kompensation der sozialen Unterdrückung.''[3]
Damit
wird klar, dass die politische Szene des 18. Jahrhunderts nicht so großzügig
gegenüber den Armen war. Diese waren unwichtig, unbemerkt und das wollten sie
verändern. Im Theater haben sie ihre Chance und gleichzeitig ihren Traum, ein
respektabler Mitglied der Gesellschaft zu werden, gesehen. Deswegen
beschäftigten sich die Bildungsromane der Weimarer Klassik mit solch einer
Thematik.[4]
Neben
Anton und Wilhelm gibt es auch anderen Helden aus den anderen Romanen der
Weimarer Klassik, die ihre Rettung in diesem Ziel, ein idealer, nützlicher und
angesehener Mitglied der Gesellschaft zu werden, sehen. Vor allen, Hyperion aus
dem gleich genannten Roman Friedrich Hölderlins und indirekt auch Felix, der
Sohn von Wilhelm Meister. Die ganze Handlug der vier erwähnten Romanen fließt
zwischen dem, wofür eine Person vorbestimmt ist und dem, wozu
sie strebt. Das, wozu sie streben, ist für alle sie ein zu größer Bissen und so
werden sie als Dilettanten
bezeichnet. Das ist eine Person,
die nicht so gut in dem, was sie tut, ist. Dilettantismus wurde eine der
Hauptthemen der Bildungsromane der Weimarer Klassik.[5]
Hier sieht man Inhaltsunterschiede zwischen einem aufklärerischen und einem
klassischen Bildungsroman. Gerade wegen diesem Dilettantismus in den
schon erwähnten Romanen, meistenteils Wilhelm-Meister-Romane, waren viele
Kritiker der Meinung, dass es um keine Bildungsromane, sondern um
Anti-Bildungsromane handelt. Ihre Meinungen begründen sie mit der Tatsache,
dass Wilhelm zum Beispiel davon bewusst war, dass er ein untalentierter Schauspieler, gleich wie Anton oder Hyperion im weiteren
Sinne (er wollte ein Erzieher des Volkes werden) ist. Anton und Wilhelm
beschäftigten sich ihr ganzes Leben lang mit nur einer Sache, damit ihnen auf
einmal klar wurde, dass sie mit dem Theater einen Fehler gemacht haben und am
Ende des Romans werden sie zum Arzt z.B. (Wilhelm Meisters Lehrjahre). Eben
deswegen waren diese Kritiker der Meinung, dass die dargestellte Bildung in
Romanen am Ende derselben zu etwas völlig Unnützliches wurde.
Um
solch ein Phänomen des Anti-Bildungsromans zu dementieren,
erklärte Rolfmann in seinem Buch, wieso die Wilhelm-Meister-Romane
oder Anton Reiser keinesfalls als Romane
mit einem negativen Bild der Bildung angesehen werden können. Die Helden, Anton
und Wilhelm schämten sich nie in ihrem Leben davon, wofür sie sich entschieden
haben. Das Theater war für sie etwas Heiliges, etwas was nur wenigen
vorausgesetzt ist. Und da sie ungeschick waren, das ist jetzt eine ganz andere
Geschichte, die mit der Bildung gar nicht zu tun hat, es ist mehr die Sache des
Individuums. Denn, der Zweck eines Bildungsromans ist nicht nur zu zeigen,
wofür sich eine Person aus dem Buch entschieden hat, sondern auch auf den Leser
indirekt zu wirken. So bekommt der Bildungsroman auch eine pädagogische
Funktion.[6]
Diese
Form des Romans wird von den Kritikern des 18. Jhs. nichts anderes als
Erziehungsroman oder Entwicklungsroman angesehen. Selbmann wehrte sich von
diesen Meinungen ab und sagte, dass alle drei Romanformen, Erziehungs-,
Entwicklungs- und Bildungsroman ihre eigenen Eigenschaften besitzen, die sie voneinander
und auch von den anderen Gattungen unterscheiden. So zum Beispiel geht es in einem
Erziehungsroman um einem Erziehungsprozess und festen Erziehungsnormen, die im
Laufe des Erziehungsprozesses erreicht werden müssen. Dies macht den
Unterschied zum Entwicklungsroman aus, welcher seinen Helden auf seinem
Entwicklungsweg, der zumeist am Vervollkommungsmodell orientiert ist,
begleitet. Obwohl Erziehungs- und Bildungsroman viel Gemeinsames haben,
unterscheiden sie sich trotzdem durch ihren Zweck und Thematik. Dieser ist
nicht nur an den Helden orientiert, sondern versucht durch die Hauptfigur den
Leser beeinflussen und jener unterscheidet sich nach seinem Entstehungsprozess.[7]
Trotz
aller Diskussionen, eine Tatsache steht fest. Der
Bildungsroman, besonders die Form des klassischen Bildungsromans, ist sehr
beliebt unter den Lesern. Viele erkennen ihr Inneres in dem Haupthelden des
Bildungsromans und fühlen Mitleid mit ihm. So ein Bildungsroman, welchen wir
heute kennen wirkt am stärksten auf die menschliche Psyche, weil er die Themen
aus dem Alltag des Menschen behandelt. Deswegen war es sogar für so einen
vollkommenen Genie wie Goethe sehr schwer und er brauchte sehr viel Zeit, um
seine Bildungsromane zu verfertigen. Alles in allem, klassische Bildungsromane
wie: Wilhelm-Meister-Romane,
Anton Reiser, Hyperion, Maler Nolten, Kater Murr, Titan und viele andere Romane wurden zum Vorbild und zur Inspiration
für die hiesigen und noch kommenden Generationen sowohl der Autoren als auch der
Leser.
[1] Vgl. Liisa Saariluoma (2004): Erzćhlstruktur und
Bildungsroman. Würzburg: Königshausen und Neumann, S. 78.
[3] Selbmann, Rolf (1994): Der deutsche Bildungsroman. Stuttgart:
Metzler, S.76.
[4] Vgl. Jürgen
Jacob (1983): Wilhelm Meister und seine Brüder. Untersuchungen zum deutschen
Bildungsroman. Paderborn: Wilhelm Fink, S. 88.
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